Die gemeinsame Arbeit am DFG-Graduiertenkolleg „Das Wissen der Künste“ hört auf, wir blicken zurück. Ein Gespräch über das Verhältnis von Künsten und Wissenschaften, über Forschung an einer Kunstuniversität, Kritik und Situiertheit von Wissen und über das, was abhanden gekommen ist und wieder aufgefunden wurde.
Epistemologien des Ästhetischen
anerkennen
In den Sozialwissenschaften hat sich die Bedeutung von ,anerkennen‘ seit gut zwei Jahrzehnten von einem normativen zu einem analytischen Begriffsverständnis verlagert. Zwischenmenschliche Anerkennungsakte werden inzwischen weniger auf eine gelungene oder misslungene Wertschätzung bestehender Identitätseigenschaften, sondern auf seine Ambivalenzen hin untersucht, u.a. auf zugleich bestätigende wie identitätserzeugende Momente und auf dahinter liegende gesellschaftliche Macht- bzw. Normierungsverhältnisse. Mit dem Konzept der sozioästhetischen Anerkennung erweitert der vorliegende Beitrag die bestehende Diskussion und geht der Frage nach, wie sich Anerkennungspraktiken unter Jugendlichen anhand von Musikgeschmack vollziehen und welche Anerkennungstechniken angewendet werden.
schmuggeln
Dieser Beitrag ist kein Glossareintrag im engeren Sinne, da er keine Definition für den Begriff des ‚Schmuggels‘ bietet. Vielmehr dockt er an das ‚Schmuggeln‘ als ein Modell für das Kuratorische an. Und indem er einige Gedanken eines früheren Textes von mir wieder aufgreift, erweitert er den Begriff, um eine Praxis zu konnotieren, mit der es hoffentlich möglich ist, von innen heraus den institutionellen Rahmen der Kunst neu zu gestalten. Aus meiner Perspektive als Kunst- und Kulturschaffende of Color in einem europäischen Kontext schlage ich hiermit das „Schmuggeln“ als Methode einer langsamen und stillen Subversion vor.
dokumentieren
Während der Abschlussveranstaltung bot Bas Böttcher ein Poetic Recording dar. Seine zwei Spoken-Word-Performances entstanden während der Tagung und reflektierten die Tagung selbst, auf direkte und kreative Art. Am 7. Mai wurden die Inhalte der Podcasts und am 8. Mai die drei Paneldiskussionen im poetischen Protokoll zusammenfasst.
pervertieren
Als terminus technicus der Listingschen Topologie ist die „Perversion“ die Umkehrung eines Körpers in einer Dimension, wie sie in einem Spiegelbild entsteht und durch auch die plastische Operation einer Umstülpung erreicht werden kann. Die Begriffe sind geeignet, fundamentale Prinzipien der Formgenese in der Kunst Bruce Naumans zu analysieren. Sie erweisen sich darin auch als instrumentell für das Verständnis der Verfahrensweisen eines paradigmatischen Beispiels künstlerischen Denkens.
anleiten
Eine Unterhaltung über die Kunst des Anleitens und das Ausüben von Anleitungen; mit einem Abstecher ins Programm der dritten Fernsehkanäle zu Vormachguru Bob Ross und dann noch zu Einblicken in eine aktuelle Sammelleidenschaft zum Thema Aufgabenstellungen und vermutlich ohne zu antworten: Lässt sich Kunst anleiten oder ist es gar (k)eine Kunst?
einschreiben
In meinem Dissertationsprojekt zu polnischen Künstlerinnen der 1970er Jahre untersuche ich Strategien zur Herausarbeitung eines spezifischen Künstlerinnenbildes. In Anlehnung an aktuelle Forschungen zur Emanzipation im Staatssozialismus frage ich, inwiefern sich die Praxis der Künstlerinnen in den historischen Diskurs feministischer Kunst einschreibt oder aber diesen neu justiert.
dekolonisieren
Die Geschichte der Dekolonisation als langanhaltende politisch-ökonomische Befreiungsgeschichte umfasste immer auch künstlerische Produktionen, Artikulationen und ästhetische Strategien der Subversion sowie intellektuelle Positionen.
In diesem Essay werde ich mit Fokus auf Kunstproduktionen in den Bereichen Musik, story telling – hier einschließlich Literatur und Theater – und Bildender Kunst eine Geschichte der politischen Dekolonisation und eine Geschichte dekolonialer Kunstproduktion skizzieren.
bezeugen
Die Gefangenen und Entlassenen des Gefangenenlagers Guantánamo haben in unterschiedlichen Formen von der Folter, ihrem Widerstand und Überleben Zeugnis abgelegt. Die jüngsten Ausstellungen Ode to the Sea und Guantánamo [Un]Censored haben die Frage dringlich gemacht, wie auch die Kunstwerke der Gefangenen als Zeugnisse zu verstehen sind. Der Beitrag diskutiert diese Frage am Beispiel einer unbetitelten Arbeit des bis heute festgehaltenen Khalid Qasim. An ihr lassen sich die Mobilität von Kunstwerken, ihre Autonomie vom bezeugenden Körper sowie ihre materielle Intensität als Verfahren künstlerischer Zeugenschaft ausmachen.
abduzieren
Das Verb „abduzieren“ bezeichnet die geistige Aktivität der Produktion einer neuen Synthese. Abduzieren heißt hier, unterschiedliche Elemente in der Wahrnehmung und in verschiedenen kognitiven Bereichen zu kombinieren und zu neuen Entdeckungs- und Erfindungsverfahren zu befördern.