Die Philosophie kennt den Zweifel als Methode: Indem alles dem Bewusstsein Gegebene aufgerufen und als Grundlage der Erkenntnis verworfen wird, gelangt das denkende Subjekt zu der unbezweifelbaren Gewissheit, dass es denkt. Eine solche erkenntnistragende Gewissheit spricht die Philosophie der Kunst und der ästhetischen Erfahrung ab. Dabei kennt auch die Malerei Zweifel an den sinnlichen Gegebenheiten, die sie nur scheinbar unbefragt ins Bild setzt. Der Beitrag folgt dem Bildzweifel als Verfahren künstlerischen Forschens und als Form eines sensiblen Wissens, das sich aus einem Exzess an Ungewissheit speist.
09.01.2017 „Schiffbruch mit Zuschauer: Philip Scheffners Havarie und die Arbeit des Dokumentarfilms an einer Daseinsmetapher“
In seinem Vortrag diskutierte Friedrich Balke den Film Havarie von Philip Scheffner als eine komplexe Auseinandersetzung mit dem von Hans Blumenberg eingeführten Topos Schiffbruch mit Zuschauer. Ganz ähnlich der Videoaufnahmen der Zuschauenden, die als Ausgangsmaterial des Films die Havarie beweisen, haben wir versucht, die Vortragssituation in der Berliner Universität der Künste mittels eines 3D-Laser-Scans festzuhalten.
Der Akt des Fotografierens – Ein performativitäts-theoretischer Blick auf die Häuser Mattern und Moll von Hans Scharoun
Im Œuvre des Architekten Hans Scharoun lässt sich ab den 1930er-Jahren eine besondere und spezifische Art der Fotografie ausmachen. Hinter diesen Fotografien liegt dabei weit mehr – zum Teil Brisantes –verborgen als ihnen beim ersten Anblick anzusehen wäre. Anhand der Häuser Mattern und Moll werden diese Fotografien im vorliegenden Text untersucht. Dabei soll gezeigt werden, inwieweit ein Blick auf den Akt des Fotografierens und damit auf die Fotograf_innen sowie auf die an der Fotografie beteiligten Personen im „Dickicht der Kulturobjekte“(Flusser) sich für eine performativitätstheoretische Perspektive auf die Fotografien produktiv machen lässt.
The Big Lebowski
Drei Comic-Frames. Sie entstammen dem Film The Big Lebowski (Ethan und Joel Coen, USA 1998). Die Cadrage ist eine andere, die Bilderfolge ist lückenhaft, Farbe, Ton und Bewegung sind verloren gegangen. Darüber hinaus stehen die Zeichnungen im Kontext einer Auseinandersetzung mit dem Begriff des Provisorischen, der den (zynischen) Blick auf den Austausch von Urne und Kaffeedose lenkt. Durch die Bilder zieht sich auf diese Weise eine Erfahrung von Verschiebung. Ein Sehen von unterschiedlichen Gegenständen und Medien, die zugleich im Wissen einen gemeinsamen Kontext bewohnen: „for the wind passes over it, and it is gone, and its place knows it no more.“ (Psalm 103. 16 (die bildliche Evidenz trügt).)*
Ästhetik des Provisorischen. Über Bricoleur und Provisoriker/in
Fahrradsattel mit Gaffa-Tape kleben, Regal mit Kabelbinder festzurren, Garten mit Hochbeeten aus Paletten anlegen, Designermöbel aus zusammengeschraubten Schichtholzplatten imitieren, Treppengeländer mit Wäscheschnur bespannen. All diese Praktiken bringen Artefakte hervor, die eine Ästhetik des Provisorischen eint. Man sieht den Interieurs, Stadtgärten und Objekten ihr Gemachtsein an und soll es auch. Eine auf Dauer angelegte Unfertigkeit tragen sie zur Schau, weil Dinge aus der Infrastruktur unserer Post-Industriekultur umgenutzt werden oder auf Dauer gestellt ist, was einmal für den schnellen Warenumschlag gedacht war. Warum ist eine Ästhetik des Provisorischen so verbreitet und angesagt? Und was unterscheidet den Bastler, den der Ethnologe Claude Lévi-Strauss beschrieben hat, von dem/der Provisoriker/in von heute?
Das Perpetuum mobile – oder: wie das Provisorische in die Maschine kam
Provisorien können als eine Art Behelf verstanden werden, ephemere gesichtslose Dinge, materielle Halbwertzeiten in persona, besser in re, Überbrückungsbeihilfen für schlechte Zeiten oder auch nur als symbolischer Indikator/Chiffre der, teleologisch betrachtet, den langen Weg bis ‚alles gut ist‘ (wie auch immer das individuell definiert wird) markiert. Im Folgenden steht jedoch nicht diese vor Pluralität strotzende Welt provisorischer Dinge im Mittelpunkt, sondern ein apparativer Antagonist. Als solcher positioniert, weil es eine der wenigen, wenn nicht sogar die einzige Technologie ist, die im Gegensatz zu partiellen, temporär begrenzten Problemlösungsstrategien (in Form von Geräten, Kunstgriffen, etc.) nicht weniger als die Unendlichkeit zum Ziel hat, das ‚sich unentwegt Bewegende‘ besser bekannt als Perpetuum mobile.
Das Gaffa-Tape als Material des Provisorischen
Gaffa-Tape: Ein Material, das wie kaum ein anderes derzeit eine eigene Fankultur um sich schürt. So heißt es in dem Song Schwarze Wolke des deutschen Rappers Prince Pi von 2013: „ … jedes Problem lösbar mit Gaffa und Schweizer, der gute alte MacGyver …“. (Prince Pi: Schwarze Wolke, Album: Kompass ohne Norden) Der Verweis auf die TV-Figur Angus MacGyver, bekannt für die Fähigkeit, die unmöglichsten Probleme mit simplen Materialien lösen zu können, weist nicht nur auf die Beliebtheit des Klebebandes, sondern auch auf dessen Potenziale bezüglich eines intelligenten, provisorischen Problemlösens hin.
Nicht Suchen, sondern Finden: die Arbeitsecke als Provisorium
Bei der Arbeitsecke handelt es sich um keine Ecke im architektonischen Sinne. Vielmehr hat diese mit Prozessen des Hervorbringens und Handelns zu tun, mit Blickwinkeln und Wissenskonzepten. Grundlegend ist eine provisorische Struktur wie auch die Aufmerksamkeit auf jene Momente, in denen etwas auf die Spur gekommen wird.
Rein provisorisch – ein Kommentar
Rein provisorisch. Einige Gedanken zum Thema.
Häuser im Herbarium. Medien der Architekturvermittlung am Beispiel der Internationalen Bauausstellung 1957
Als im Frühjahr 1957 der Katalog Wiederaufbau Hansaviertel zur Internationalen Bauausstellung Interbau in Westberlin erstellt wurde, waren die zugehörigen Bauten noch nicht fertiggestellt. Für eine fotografische Wiedergabe waren sie somit nicht verfügbar. Stattdessen wurden neben wenigen Perspektivzeichnungen vor allem Modellfotos der Wohnhäuser gezeigt. Im folgenden Essay werden die in der Publikation verwendeten Visualisierungsmedien, vornehmlich das Modell und die Modellfotografie, auf ihr eigenes Potential der Wissens- und Erkenntniserzeugung hin befragt. Das Beispiel ermöglicht einen kritischen Blick auf die Medien architektonischer Künftigkeit.