Alles klebt
Klebeband ist allgegenwärtig und beliebt wie nie zuvor. Angefangen beim Tesafilm im Haushalt bis hin zu strahlungsabweisenden Spezialklebebändern in der Industrie – Klebebänder haben mittlerweile eine nicht mehr wegzudenkende Stellung auf dem Markt vielfältiger Klebeprodukte eingenommen. Nach Angaben des Industrieverbandes Klebstoffe e.V. produzierte die deutsche Klebstoffindustrie im Jahr 2012 fast eine Milliarde Quadratmeter Klebebänder. 11Industrieverband Klebstoffe e.V. (2013): Kleben fürs Leben, S. 43. Damit ließen sich 140.000 Fußballfelder oder zehn Mal die Insel Sylt vollständig mit Klebeband bedecken. 22Ein Fußballfeld hat nach vorgeschriebener Länderspielgröße eine Fläche von 7140 m2, die Insel Sylt 99,1 km2.
Jeder scheint Klebeband zu nutzen. Schon im Kindergarten wird mit Tesafilm und bunt bedruckten Masking-Tapes gebastelt, der Büroalltag ist ohne den durchsichtigen Klebefilm kaum denkbar, im Heimwerkerbereich liegt stets eine Rolle Abklebeband parat und selbst in der hochspezialisierten Industrie ist das Klebeband mit komplexen Spezialeigenschaften vertreten. Auch in der Kunst ist es längst angekommen und hat mit den ersten deutschen Tape-Art-Kollektiven 33Vgl. http://www.klebebande-berlin.com/uber-uns/ (Zugriff 16.11.2015)., die seit etwa 2012 existieren, ein neues Genre eröffnet. Erwähnenswert sind auch die Tape-Arbeiten der Künstlerin Monika Grzymala. Das Kleben als „Fügetechnik des 21. Jahrhunderts“ 44Onusseit, Hermann (o.J.): Kleben – das Fügeverfahren des 21. Jahrhunderts. Unter: http://www.klebstoffe.com/fileadmin/redaktion/ivk/Klebstoff-Onusseit.pdf (Zugriff 16.11.2015). liegt also nicht nur in der Industrie im Trend.
Seit einigen Jahren kommt besonders dem Gaffa-Tape eine besondere Wertschätzung zu. Zahlreiche Youtube-Videos und Webseiten von Gaffa-Fans, diverse Buch-Veröffentlichungen und Merchandise-Artikel mit Sprüchen wie „Gaffa hält die Welt zusammen“ 55Vgl. http://techniker.spreadshirt.de/tontechniker-t-shirt-gaffa-haelt-die-welt-zusammen-hinten-A18637344 (Zugriff 16.11.2015). markieren den anhaltenden Popularitätsschub des Gewebeklebebandes. Zudem existieren lange Listen mit zum Teil ernst, zum Teil scherzhaft gemeinten Anwendungsvorschlägen. 66Vgl. Hudson, Joe (2005): 175 Uses For Duct Tape. In: Finger, Kerstin (Hg.): Tape. An Excursion Through The World Of Adhesive Tapes, Berlin: Die Gestalten Verlag, S. 106f.
Dieser Beitrag dient nun im wahrsten Sinne des Wortes als Zerreißprobe: (Warum) Ist Gaffa-Tape für provisorische Reparaturen und situative Problemlösungen im Alltag besonders geeignet und welche generellen Aussagen über Materialien des Provisorischen lassen sich in diesem Zusammenhang treffen?
Rückschau
Bereits das Leukoplast, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts von dem Hamburger Unternehmen Beiersdorf entwickelt wurde, machte das Potenzial schneller Klebelösungen für Reparaturen, Montagen und andere Bastelarbeiten deutlich. Das ursprünglich als medizinisches Pflaster konzipierte Klebeband eignete sich nicht nur für die schnelle Wundversorgung, sondern auch für das Flicken von Fahrradreifen, Gartenschläuchen, das Isolieren von Kabeln oder das Abkleben von Fensterscheiben. So lautete der Werbereim der Firma Beiersdorf im Jahr 1923 entsprechend:
LEUKOPLAST ist immer gut,
wenn man sich verwunden tut.
Aber nicht nur zu Verbänden
kann man Leukoplast verwenden:
Pappe, Porzellan und Glas,
Alles, Alles kittet das,
haftet – darauf sind wir stolz –
selbst auf Stein, Metall und Holz.
Ansteckdosen, Bilderrahmen,
Schachteln, Schirme, Puppendamen,
Gummischläuche, Badekappen,
Regenmäntel, Aktenmappen,
Noten, Bilder, Thermometer,
Goethes Faust und Struwwelpeter,
Alles klebt das LEUKOPLAST.
Darum sorg‘, daß du es hast!!! 77Leukoplast-Werbung 1923, Konzernarchiv der Beiersdorf AG, Hamburg. Hier gibt es noch weitere Informationen zur Unternehmensgeschichte von Beiersdorf
Und doch war für viele Aufgaben im häuslichen Bereich das Leukoplast noch nicht das ideale Material. Das Klebeband hatte eine eigene Farbe und so fielen kleinere Reparaturen sofort ins Auge. Die Erfindung des durchsichtigen Klebefilms sollte ab Mitte der 1930er Jahre endgültig den Geschäftszweig der technischen Klebebänder Beiersdorfs, unter der Marke tesa, auf dem deutschen Klebebandmarkt etablieren. Mit dem transparenten Klebefilm war es möglich geworden, unauffällige kleinere Reparaturen vorzunehmen. Auch zum Basteln eignete sich das neue Band und dank der praktischen Abreißvorrichtung erleichterte sich die Nutzungsweise des Klebebandes weiter.
Für viele andere Haushaltsreparaturen war der Klebefilm aber nicht geeignet. Das Trägermaterial, welches beim Tesafilm aus einer Folie bestand, war weniger robust und auch klebte das Büro- und Bastelklebeband nicht auf allen Untergründen. Das Abdichten von Rohren oder Gummischläuchen im Privathaushalt musste also weiterhin mit Leukoplast erfolgen.
Für Großkunden aus Industrie und Handwerk war bereits seit einigen Jahren eine Weiterentwicklung des Leukoplast für technische Anwendungszwecke erwerblich. Im Vergleich zum Leukoplast wies schon das frühe, sogenannte Lassoband erhebliche Vorteile auf. Die Klebewirkung war stärker und das Band haftete somit auch auf schwierigen Untergründen, wie etwa verschmutzten Oberflächen im Outdoor-Bereich. Zudem hatte es eine größere Tragkraft und auch schwere Gegenstände ließen sich montieren sowie festere Verbindungen erzeugen. Außerdem hatte das Lassoband eine spezielle Oberflächenbeschichtung und wies neben seiner Kernfunktion – dem Kleben – weitere Zusatznutzen wie Witterungsbeständigkeit oder Isolationsvermögen auf. Mit der Einführung des Lassobands auf dem Endverbrauchermarkt wurden neben den einfachen Reparaturen, die zuvor das Leukoplast ermöglicht hatte, nun auch komplexere Probleme lösbar. Das technische Klebeband aus der Industrie fand so Einzug in die privaten Haushalte und diente fortan als universelles Material, wenn es um vorübergehende und schnelle, dabei zugleich zuverlässige Reparaturen oder Montagen ging.
Materialien des Provisorischen
Bevor das Augenmerk nun auf das heutige Gaffa-Tape gerichtet wird, erfolgt eine kurze Darstellung der Kriterien, die Materialien in der Regel erfüllen, wenn sie sich generell für Provisorisches eignen:
Da Provisorien stets eine eingeschränkte Nutzungsdauer eingeschrieben ist, sollten diese preisgünstiger zu realisieren sein als die angestrebte ideale Lösung. Nicht nur trägt ein relativ niedriger Anschaffungspreis dazu bei, dass ein Material in jedem Werkzeugkoffer Platz findet, er begünstigt auch die aktive Verwendung des Materials. Aus diesem Grund werden zumeist günstige Materialien verwendet oder aber – und dies stellt bereits ein zweites Kriterium dar – Materialien, die ohnehin vor Ort vorhanden sind.
Ob Schnur, Holzrest oder Klebeband – die unmittelbare Verfügbarkeit des Materials ist als maßgebliche Eigenschaft von Materialien des Provisorischen festzuhalten. Dennoch hilft ein komplexes Spezialwerkzeug kaum, nur weil es da ist. Die Besonderheit der genannten Materialien ist ihre Offenheit.
Damit ist gemeint, dass sie auf keine spezifische Gebrauchsfunktion ausgerichtet sind, sondern vielmehr flexibel und multifunktional eingesetzt werden können. Das Material muss sich für mehrere Zwecke gleichzeitig eignen, in seiner Funktion also formbar sein.
Eine weitere bedeutende Eigenschaft ist die leichte Handhabung. Materialien des Provisorischen sollten sich bestenfalls ohne Spezialwissen verarbeiten lassen und darüber hinaus aus sich selbst heraus funktionieren, also ohne weitere Hilfsmittel gebrauchsfertig sein. Dennoch sind praktische Vorstellungskraft und handwerkliches Geschick auch im Umgang mit einfach zu verwendenden Materialien immer von Vorteil. 88„Provisorisches Handeln und das Herstellen von Provisorien lebt massgeblich von praktischer Vorstellungskraft sowie von handwerklicher Bildung, die im Bedarfsfall abgerufen werden kann.“ Havemann, Antje; Schild, Margit (2014): Houston, wir haben ein Problem. Über die Fähigkeit zu handeln. In: Werkspuren 2/2014, Thema: Provisorien, S. 10. Ein künstlerischer Beitrag (Comic) von Havemann und Schild findet sich ebenfalls in der vierten Ausgabe der Onlinepublikation www.wissenderkuenste.de.
Wichtig für Provisorien ist aber ebenfalls ihr zuverlässiges Funktionieren. Obwohl Materialien des Provisorischen in der Regel keine Spezialmaterialien darstellen, sondern Materialien und Gegenstände sind, die für den speziellen Zweck, für den sie bei der provisorischen Lösung verwendet werden, nicht entwickelt wurden, ist es doch unabdingbar, dass die Materialien zuverlässig die Funktion erfüllen, für die sie eingesetzt werden. Provisorische Reparaturen oder Montagen müssen also, wenn auch nur für einen beschränkten Zeitraum, möglichst haltbar und stabil sein.
Ein letztes, nicht zu vernachlässigendes Kriterium ist wiederum durch die begrenzte Nutzungsdauer bedingt, die Reversibilität – die Entfernbarkeit – des Provisoriums, beziehungsweise der Materialien, aus denen das Provisorium besteht oder an seinem Ort installiert ist, denn im Idealfall erlaubt die Gestaltung des Provisorischen seine eigene rückstandsfreie Beseitigung zu Gunsten einer besseren, endgültigen Lösung. 99„Diese Strategie geht im weiteren davon aus, dass ein Provisorium als erster Schritt nicht schadet, weil er reversibel ist.“ Havemann, Antje; Schild, Margit (2007): Vortrag Spangenberg: Leerstand als Chance? Redemanuskript. Unter: http://www.altstadt-neu.de/media/Vortrag_Provisorien_Spangenberg.pdf S. 9 (Zugriff 16.11.2015).
Gaffa-Tape in Aktion
Heute sind die Anwendungen von Gewebeklebeband im privaten Raum so zahlreich wie die unerwarteten Probleme, die der Alltag mit sich bringt.
Vor allem die Witterungsbeständigkeit des Gewebeklebebandes sowie seine leichte Handhabung durch die Einreißbarkeit ohne Schere stellen sich für den Outdoor-Bereich als besonders hilfreich heraus. Ein Loch im Wanderschuh, von innen mit Klebeband geklebt, wird wieder wasserdicht. Ein Riss im Zelt oder im Wanderrucksack ist ebenso schnell und leicht geflickt wie das Loch im Fahrradreifen.
So wird auch ein abgeknickter Autospiegel behelfsmäßig fixiert oder das gerissene Lederpolster der Sitzbank notdürftig geflickt. Selbst gebrochene Verbindungen, wie eine Anhängerachse, lassen sich zur Überbrückung mit Klebeband fixieren. Mit Gewebeklebeband werden ebenfalls Poster aufgehängt, Gegenstände fixiert und Markierungen angebracht.
Es ist nun an der Zeit, die zuvor aufgestellten Kriterien in Bezug auf Gaffa-Tape zu untersuchen
Verfügbarkeit
Wie bereits das Leukoplast in der Hausapotheke, so findet sich das Gewebeklebeband, ob als Universalklebeband im privaten Haushalt oder spezielleres Gaffa-Tape in der Veranstaltungsbranche, in den meisten Werkzeugkisten und Ausrüstungssets wieder. 1010„Auch wenn Multi-Tools recht praktisch sind, kommt man nicht umhin, pro Produktion mindestens eine gut eingerichtete Werkzeugkiste dabei zu haben. Die folgende Zusammenstellung ist als Vorschlag zu verstehen […] Satz Inbusschlüssel […] Schraubendreher […] Lüsterklemmen […] – Kabelbinder, Gaffa-Tape, Krepp-Band, Edding.“ Ebner, Michael (2001): Lichttechnik für Bühne und Disco. Ein Handbuch für Praktiker, Aachen: Elektor-Verlag, S. 151. Aufgrund seiner kompakten Verpackungsform – der Rolle – lässt sich darüber hinaus eine große Menge des Materials ohne Probleme mitführen. Oftmals wird vorsichtshalber noch eine Rolle Gaffa-Tape eingepackt, man weiß ja nie. Auch im Outdoor-Bereich gehört das Tape zur Grundausstattung, wenn Campingreisen oder Wandertrips anstehen. Der Grund dafür, dass das Klebeband stets mitgeführt wird, ist natürlich auch in seiner flexiblen und vielfältigen Einsetzbarkeit zu suchen. Die Kriterien Verfügbarkeit und Multifunktionalität sind also aufs Engste miteinander verknüpft.
Einfache Handhabbarkeit
Wie bereits ausgeführt wurde, sollte ein Material des Provisorischen idealerweise leicht zu handhaben sein. Gaffa-Tape erfüllt dieses Kriterium wie wenig andere Materialien es tun. Aufgrund seiner Handeinreißbarkeit wird für seine Verwendung nicht einmal eine Schere benötigt. Die Dosierung der benötigten Klebebandlänge erfolgt durch einfaches Abreißen an jeder beliebigen Stelle des Materials. Wenn nötig, kann das Band sogar einhändig gerissen werden, indem die Zähne zur Hilfe genommen werden. Dies ermöglicht das gleichzeitige Festhalten eines zu fixierenden Gegenstandes mit der anderen Hand. Das Loch in der Mitte der Rolle kann zudem dazu genutzt werden, das Tape um das Handgelenk zu tragen, so sind keinerlei Taschen oder Werkzeuggürtel nötig.
Darüber hinaus kann Gaffa-Tape zwar komplexe Konstruktionen ermöglichen, ist aber in seiner Handhabung alles andere als kompliziert. In drei einfachen Schritten wird das Material verwendet: Abrollen, Abreißen, Aufkleben. Das Band haftet sofort, so dass zudem ein schnelles Arbeiten erleichtert wird. Eine fehlerhafte Platzierung lässt sich durch Abziehen und neues Aufkleben leicht korrigieren. Eine andere Möglichkeit, unzureichende Platzierungen auszugleichen, ist ebenso simpel: So können beliebig viele weitere Klebestreifen aufgeklebt werden, bis die Konstruktion hält. Aus diesem Grund eignet sich Gaffa-Tape mehr als andere Materialien für Trial-and-Error-Methoden, die für den Bereich der Provisorien nicht unerheblich sind. Es begünstigt iteratives und probehaftes Handeln, welches ein typisches Vorgehen des Bastlers darstellt. 1111Vgl. Beitrag von Nina Wiedemeyer „Ästhetik des Provisorischen. Über Bricoleur und Provisoriker/in“ ebenfalls in der vierten Ausgabe von www.wissenderkuenste.de.
Festzuhalten ist, dass für provisorische Anwendungen mit Gaffa-Tape nur wenige Vorkenntnisse oder besondere Fähigkeiten nötig sind. Natürlich führt eine ausgeprägte Materialkenntnis und das Verständnis grundlegender physikalischer Gesetzmäßigkeiten dennoch zu schnelleren und zuverlässigeren Problemlösungen.
Günstiger Preis
Dieses Kriterium mag dem Endverbraucher von Gaffa-Tape am strittigsten erscheinen. Mit rund acht Euro ist der Preis für eine Rolle im Vergleich zu anderen technischen Klebebändern auf Folien- oder Papierbasis auf den ersten Blick recht hoch. Beachtet man jedoch die Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten, die das Gewebeklebeband mit sich bringt, lässt sich schnell feststellen, dass alternativ für diese Verwendungen benötigte, spezielle Materialien um ein Vielfaches teurer wären. Hinzu kommt das Wegfallen von Spezialwerkzeugen wie Bohrmaschinen oder Schweißgeräten. Zu beachten ist, dass ein richtiges gaffer’s tape der Marke tesa mit rund 30 Euro knapp vier Mal so viel kostet, wie ein Universalklebeband aus dem Baumarkt. Da die speziellen Eigenschaften dieses Klebebandes, wie etwa seine matte, nicht reflektierende Oberfläche und die ausgeprägte Hitzebeständigkeit nicht für alltägliche provisorische Anwendungen nötig sind, kann das gaffer’s tape von tesa zwar auch für provisorische Instandsetzungen verwendet werden, erfüllt jedoch nicht das Kriterium der günstigen Anschaffung.
Multifunktionalität
Die für seine Eignung als Material des Provisorischen wichtigste Eigenschaft des Gaffa-Tapes ist seine außergewöhnliche Multifunktionalität. Das Klebeband ist flexibel und an nahezu jede Form anpassbar und ermöglicht es zudem, Fügeteile unterschiedlicher Größen, Materialien und Oberflächen miteinander zu verbinden. Darüber hinaus klebt das Klebeband nicht nur Flächen aneinander und kann so beispielsweise zum Montieren, Fixieren, Verpacken, Bündeln und Verschließen verwendet werden, es dient auch Zwecken, die nur zweitrangig mit den Klebeeigenschaften des Bandes zu tun haben. So wird das Tape auch zum Markieren, Beschriften und Kennzeichnen verwendet. Werden die Klebeseiten des Bandes aufeinander gedrückt, können außerdem feste Gurte und Riemen erzeugt werden, die als Tragehilfen fungieren.
Zuverlässigkeit
Die Zuverlässigkeit des Klebebandes hängt stark von seiner Qualität ab. Hochwertige Tapes haften auch auf schwierigen Untergründen und halten hohen Beanspruchungen stand. Minderwertige Klebebänder weisen oft eine gute Anfangsklebekraft auf, lösen sich bei Wärme oder Witterungseinflüssen jedoch schneller wieder ab und sind aus diesem Grund weniger für sichere Einsätze geeignet. Darüber hinaus ist die Zuverlässigkeit natürlich auch abhängig von der Erwartung, die der Nutzer an die spezifische Funktion des Klebebandes für seine provisorische Anwendung hat.
Für eine optimale Einschätzung der Zuverlässigkeit des Bandes sind erneut Material- sowie physikalische Grundkenntnisse hilfreich. Zwar haftet ein gutes Gewebeklebeband auch auf verunreinigten Oberflächen, beispielsweise der Witterung ausgesetzten Steinen, jedoch ist es von Vorteil, Verschmutzungen wie Sand zunächst zu einem gewissen Teil zu entfernen.
Reversibilität
Für die Verwendung von Gaffa-Tape für provisorische Zwecke ist es oft besonders wichtig, dass sich das Klebeband rückstandsfrei wieder ablösen lässt. Qualitativ hochwertige Klebebänder sind durchaus in der Lage, diese Funktion zu erfüllen. Beliebige Gewebeklebebänder weisen jedoch oftmals ein minderwertiges Mischungsverhältnis der Klebemasse auf, so dass es immer wieder auch zu schlechten Erfahrungen bei der Entfernung der Klebebänder kommt. Aus diesem Grund werden vor allem im professionellen Gebrauch der Gaffa-Tapes und von Materialkennern explizit bestimmte Marken oder Klebebandtypen gekauft, auch wenn diese zum Teil teurer in der Anschaffung sind als die Standardtapes. Das Wissen über die Entfernbarkeit des Gewebeklebebandes trägt jedoch in der Regel erheblich dazu bei, neue und unbekannte Problemlösungen zunächst einfach auszuprobieren, um sich nach und nach einem idealen Zustand anzunähern.
Fazit
Es ist deutlich geworden, dass Gewebeklebeband, wie zuvor Leukoplast, im privaten Raum bei Reparaturen, Montagen und anderen technischen Konstruktionen behilflich ist. Anhand der überprüften Kriterien lässt sich nun festhalten, dass Gaffa-Tape vor allem aufgrund seiner vielseitigen Verwendbarkeit in besonderer Weise als Material des Provisorischen geeignet ist. Andere Materialien wie Holzstücke, Plastiktüten oder Kabelbinder sowie alle möglichen vor Ort auffindbaren Gegenstände können sich in spezifischen Situationen zwar auch immer wieder als ideales Material für einen bestimmten provisorischen Zweck herausstellen, kaum ein anderes Material ist in seinem Einsatzbereich jedoch so flexibel gestaltet und dabei so komfortabel zu handhaben wie das Gewebeklebeband. 1212Mit ähnlich einfachen und doch spannenden Gegenständen wie dem Hammer oder Bleistift beschäftigen sich Elizabeth Shove et al. in diess.: The design of everyday life (2007) oder Henry Petroski in ders.: Der Bleistift: Die Geschichte eines Gebrauchsgegenstands (1995).
Kleben mit Klebeband stellt eine leichte und intuitive Lösungsmöglichkeit für eine Vielzahl von in der Freizeit auftretenden technischen Problemen dar. Besonders wenn nicht auf Spezialwerkzeug zurückgegriffen werden kann oder ganz einfach die Zeit, Fähigkeiten oder Kenntnisse fehlen, die für professionellere Arbeiten erforderlich wären.
Das Arbeiten mit Gaffa-Tape ermöglicht das Herantasten an die Problemlösung mittels Trial-and-Error-Methode. Hält die angestrebte Verbindung nicht, kann der Klebstreifen abgezogen und erneut aufgeklebt werden oder es werden zusätzliche Klebstreifen angebracht. Wo andere Materialien oder Fügemethoden nach einigen erfolglosen Versuchen mitunter die Fügeteile beschädigen und somit unbrauchbar machen, ist der Klebstreifen ein durchaus geduldiges Material.
Die Zukunft des Klebebandes scheint vielversprechend und die Beliebtheit von Klebelösungen im Freizeitbereich nimmt beständig zu. Bunt bedruckte Masking-Tapes aus Reispapier und neonfarbene DUCK-Tapes in Mini-Format mögen dabei neue Trends auf dem Bastelmarkt darstellen, die wie jede andere Mode auch wieder vergehen. Das gute alte Gaffa-Tape hingegen ist, wie sein Vorgänger das Leukoplast, inzwischen längst zum zeitlosen Klassiker unter den Haushaltsmaterialien geworden und wird uns auch in Zukunft als wahrer Freund aus jeder Notsituation befreien.
- 1Industrieverband Klebstoffe e.V. (2013): Kleben fürs Leben, S. 43.
- 2Ein Fußballfeld hat nach vorgeschriebener Länderspielgröße eine Fläche von 7140 m2, die Insel Sylt 99,1 km2.
- 3Vgl. http://www.klebebande-berlin.com/uber-uns/ (Zugriff 16.11.2015).
- 4Onusseit, Hermann (o.J.): Kleben – das Fügeverfahren des 21. Jahrhunderts. Unter: http://www.klebstoffe.com/fileadmin/redaktion/ivk/Klebstoff-Onusseit.pdf (Zugriff 16.11.2015).
- 5Vgl. http://techniker.spreadshirt.de/tontechniker-t-shirt-gaffa-haelt-die-welt-zusammen-hinten-A18637344 (Zugriff 16.11.2015).
- 6Vgl. Hudson, Joe (2005): 175 Uses For Duct Tape. In: Finger, Kerstin (Hg.): Tape. An Excursion Through The World Of Adhesive Tapes, Berlin: Die Gestalten Verlag, S. 106f.
- 7Leukoplast-Werbung 1923, Konzernarchiv der Beiersdorf AG, Hamburg. Hier gibt es noch weitere Informationen zur Unternehmensgeschichte von Beiersdorf
- 8„Provisorisches Handeln und das Herstellen von Provisorien lebt massgeblich von praktischer Vorstellungskraft sowie von handwerklicher Bildung, die im Bedarfsfall abgerufen werden kann.“ Havemann, Antje; Schild, Margit (2014): Houston, wir haben ein Problem. Über die Fähigkeit zu handeln. In: Werkspuren 2/2014, Thema: Provisorien, S. 10. Ein künstlerischer Beitrag (Comic) von Havemann und Schild findet sich ebenfalls in der vierten Ausgabe der Onlinepublikation www.wissenderkuenste.de.
- 9„Diese Strategie geht im weiteren davon aus, dass ein Provisorium als erster Schritt nicht schadet, weil er reversibel ist.“ Havemann, Antje; Schild, Margit (2007): Vortrag Spangenberg: Leerstand als Chance? Redemanuskript. Unter: http://www.altstadt-neu.de/media/Vortrag_Provisorien_Spangenberg.pdf S. 9 (Zugriff 16.11.2015).
- 10„Auch wenn Multi-Tools recht praktisch sind, kommt man nicht umhin, pro Produktion mindestens eine gut eingerichtete Werkzeugkiste dabei zu haben. Die folgende Zusammenstellung ist als Vorschlag zu verstehen […] Satz Inbusschlüssel […] Schraubendreher […] Lüsterklemmen […] – Kabelbinder, Gaffa-Tape, Krepp-Band, Edding.“ Ebner, Michael (2001): Lichttechnik für Bühne und Disco. Ein Handbuch für Praktiker, Aachen: Elektor-Verlag, S. 151.
- 11Vgl. Beitrag von Nina Wiedemeyer „Ästhetik des Provisorischen. Über Bricoleur und Provisoriker/in“ ebenfalls in der vierten Ausgabe von www.wissenderkuenste.de.
- 12Mit ähnlich einfachen und doch spannenden Gegenständen wie dem Hammer oder Bleistift beschäftigen sich Elizabeth Shove et al. in diess.: The design of everyday life (2007) oder Henry Petroski in ders.: Der Bleistift: Die Geschichte eines Gebrauchsgegenstands (1995).