Prototyp als Provisorium im Entwurfsverfahren

Ausgabe #4
November 2015
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Anhand des Luftschiff-Projekts von Francesco Lana de Terzi aus dem Jahr 1670, kann eine wichtige Phase des Entwurfsprozesses dargestellt werden: Die Prozessualität des Entwurfs endet nicht mit der vermeintlich finalen Zusammenstellung eines Konzepts, sondern ist selbst wiederum die Grundlage für weitere Entwürfe. Ziel dieses Beitrags ist es, den Prototyp als Provisorium im Kontext des Entwurfsverfahrens zu untersuchen.

Francesco Lana de Terzi entwickelte mit seinem Luftschiff-Projekt bereits im 17. Jahrhundert einen provisorischen Prototyp für ein Fluggerät, der jedoch weder als Plan weiterverfolgt noch als Versuchsmuster gebaut wurde. Trotzdem gilt es als ein Pionierprojekt für die Entwicklung der modernen Luftfahrt, denn es enthält die erste moderne wissenschaftliche Untersuchung in der Flugmechanik überhaupt. Der katholische Priester hatte mit seinem Plan der Flugmaschine ein Projekt konzipiert, das durch ein besonderes Denkmuster charakterisiert ist: Es handelt sich nicht nur um den Entwurf eines Fluggeräts, sondern vielmehr um einen Prototyp im Sinne eines Provisoriums. Dieser kann potentiell neue Vorgehensweisen auslösen und in systematischer Weise erweitern, weil im Entwurfsprozess Potenziale für neue Denk- und Entwurfsvorgänge erzeugt und entdeckt werden können. 11Vgl. Susanne Hauser: „Verfahren des Überschreitens. Entwerfen als Kulturtechnik“, in: Sabine Amon, Eva Maria Froschauer (Hg.): Wissenschaft Entwerfen, München 2013, S. 363-384, hier: S. 366.

Der Begriff Provisorium wird hier unter zwei Gesichtspunkten verwendet: Unter einem epistemischen Aspekt, denn das Provisorium, wenn es als ein Entwurf verkörpert ist, verdichtet – potentiell zumindest – Wissensmöglichkeiten, die in zukünftigen Ausführungen des Projekts angewendet werden können. Dies kann dem nächsten konkreten Entwurf als epistemologische Basis dienen. In enger Verbindung dazu lässt sich der zweite Aspekt des Provisoriums schlussfolgern: Das Ermöglichen weiterer Schritte im Laufe des Entwurfsprozesses, denn ein Entwurf muss in irgendeiner Form verkörpert werden. Die Verkörperung wirkt in dieser Phase eher wie ein Zwischenschritt, beispielsweise durch die Verwendung von Skizzen oder Modellen. Trotzdem bilden diese ‚bloßen‘ provisorischen Formen die Grundlage des Versuchs – für die Erfindung selbst, aber auch für damit einhergehende Entdeckungen und weiterhin für das Testen von Konzepten, welche später als konkrete Daten Anwendung finden.

Sein Konzept zur Ausführung einer Flugmaschine veröffentlichte de Terzi 1670 in seinem Buch Prodromo overo saggio di alcune inventioni nuove premesso all’arte maestra. Das entsprechende Kapitel seiner Schrift zeichnet sich durch einen sehr präzisen wissenschaftlichen Diskurs aus, insbesondere durch die Darstellung von validen Hypothesen und wissenschaftlichen Vorgängen, die das ganze Projekt einleiten und steuern. 22Francesco Lana de Terzi: Prodromo overo saggio di alcune inventioni nuove premesso all’arte maestra, Brescia, Rizzardi, 1670, S. 52-61. Es handelt sich um das sechste Kapitel, das mit einem prägnanten Untertitel gekennzeichnet ist, der sich wie folgt übersetzen lässt: Ein Schiff herstellen, das durch die Luft getragen wird und sich mittels Ruder und Segel bewegt, und sich dadurch flugtauglich in der Praxis zeigt. Dieses Kapitel wurde 1910 von The Aeronautical Society of Great Britain separat neu aufgelegt, vgl. Francesco Lana Terzi: The Aerial Ship. Übers. u. hg. v. Thomas O’Brien Hubbard u. John Henry Ledeboer, o.O. 1910. Interessanterweise findet dieser partikuläre Entwurf zu einem, für die Epistemologie spannenden Moment statt. Zum einen wird die Konzeption dessen, was als Projekt und was als Entwerfen aufgefasst werden kann zu einer Zeit verhandelt, die noch vom disegno-Begriff des 17. Jahrhunderts bestimmt ist. Dessen Einwirkungskraft schwebt zwischen einer bildenden, Ideen-erzeugenden und einer Ideen-realisierenden, umsetzenden Funktion. 33Vgl. Daniel Hornuff: Denken Designen. Zur Inszenierung der Theorie, München, 2014, S. 33-34; Wolfgang Kemp: „Disegno. Beiträge zur Geschichte des Begriffs zwischen 1547 und 1607“, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft (1974), Band 19, S. 219-240, hier S. 228-229. Ausgehend von einem ‚mentalen Habitus‘, also von einer speculazioni di menta kam dem disegno in seinem Zusammenwirken mit inventio, concetto und idea eine mediale Rolle zu, indem er „[…] einem geistigen Entwurf Ausdruck verlieh, diesen also in Form brachte, ihm Linie und Kontur, eine Gestalt verlieh und somit als zur wirkungsvollen Äußerung befähigt bestimmte“ 44Hornuff 2014, S. 34. Deswegen stellt der disegno zwei wichtige Funktionen im menschlichen Geiste dar: Die Funktion des Erfindens (inventione) und die Funktion des Ins-Werk-Setzens der Erfindung. Zum anderen zeichnet sich diese Epoche durch die intellektuelle Veränderung der frühen Neuzeit aus. Der Begriff von ‚Wissen‘ wird durch mathematische und naturwissenschaftliche Prüfbarkeit ausgeweitet und dem denkenden Subjekt kommt neu definierte Verantwortung zu: das Sichere und das Unzweifelhafte herauszufinden. Die gesamte Wissenskette sollte als absolut, im Sinne der kausal-argumentativen Kette deduktiver Schlüsse, die dem Wissenskonzept dieser Zeit zu Grunde liegt, gewährleistet werden. 55Vgl. René Descartes: The Philosophical Works of Descartes. E. Haldane und G.R.T Ross (Hg.), in 2 Bänden, Cambridge 1979, S. 149: „Archimedes, in order that he might draw the terrestrial globe out of its place, and transport it elsewhere, demands only that one point should be fixed and immovable; in the same way I shall have the right to conceive high hopes if I am happy enough to discover one thing which is certain and indubitable”.

Trotz des höheren Grades von Subjektivismus und Anthropozentrismus führte eine derartig philosophische Weltanschauung die Verantwortung für die Zusammenstellung von Wissenssystemen ein. Diese neuzeitliche Konzeption des Wissens hat die Etablierung der Epistemologie deutlich begünstigt. Letztgenannte gilt als wesentliche Grundlage, auf der die Wissenschaften neu strukturiert wurden. Das alte Weltbild der Scholastik, bei der die Theologie als die Hauptwissenschaft der Wahrheitssuche im Mittelalter eine große Rolle spielte, wird progressiv durch philosophische und naturwissenschaftliche Forschungen abgelöst. Die Anwendung mathematischer und naturwissenschaftlicher Kenntnisse und die Entwicklung überprüfender Experimente gestalten die Bedingungen von begründetem Wissen in der frühen Neuzeit neu. Ernst Cassirer bringt diesen Umbruch auf den Punkt. Demnach besteht die Erkenntnis

[…] nicht in der nachahmenden Beschreibung, sondern in der Auswahl und der kritischen Gliederung, die an der Mannigfaltigkeit der Wahrnehmungsdinge zu vollziehen ist. Die auseinanderstrebenden Anzeigen der Empfindung werden nicht gleichmäßig hingenommen, sondern sie werden derart gedeutet und umgebildet, dass sie sich zu einer in sich einstimmigen, systematischen Gesamtverfassung fügen. Nicht mehr schlechthin das Einzelding, sondern die Forderung inneren Zusammenhangs und innerer Widerspruchslosigkeit, die der Gedanke stellt, bildet nunmehr das letzte Urbild, an dem wir die „Wahrheit“ unserer Vorstellungen messen. 66Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Band 1, Darmstadt 1994, S. 1-2.

In diesem epistemologischen Reichtum behauptet Lana de Terzi, er habe die Lösung für den Entwurf eines Luftgerätes gefunden:

I believe I have found the manner of making a machine lighter in itself than air, so that not only will it float on the air by its own lightness, but that it may also carry men and any other required weights; nor do I think it can be deceived, the whole thing being proven by tried experiment […]. 77Terzi 1910, S. 12.

De Terzi artikuliert in seinem Text die wissenschaftliche Grundlage des Projektes anhand von Beispielen und Formeln und präsentiert das berühmte Bild seines Luftschiffes, also eine erste Visualisierung seines Vorhabens (Abb. 1). Beide Bestandteile des Entwurfs, sowohl die konzeptuelle und wissenschaftliche Argumentation und Beschreibung als auch die diagrammatische Visualisierung, tragen zu einer erweiterten Konzeption seines Vorhabens und auch zu einem erweiterten Verstehen des Entwurfs bei.

Abb. 1: Terzi 1910, ohne Seitenangabe.

Betrachtet man die Abbildung genauer, entsteht eine mehr oder weniger definierte Sequenz von Assoziationsmöglichkeiten: Die indexikalischen Formen deuten auf einige erkennbare Elemente, wie Segel, Mast, Rumpf hin. Dies führt unmittelbar zur mentalen Proposition: ein Schiff. Die Indizien vollenden eine abstrakte, schon konsolidierte und auch konventionelle Interpretationsform. Die Visualisierungsstrategien, die durch die Abbildung aufgezeigt werden, „[…] bestehen aus Symbolismen, Verfahren der Zeichnung und Bezeichnung, die insgesamt eine etablierte und nicht idiosynkratische Sprache darstellen“ 88Hauser 2013, S. 365. . Mit seinem Entwurf begründet de Terzi also ein neues Paradigma. Betrachtet man diesen Terminus im Sinne der Definition von Thomas S. Kuhn, kann konstatiert werden, dass de Terzi seinen Plan als eine konkrete Problemlösung für das künstliche Fliegen konzipierte. Dieser kann als Prototyp, Vorbild oder Beispiel dienen und „[…] explizite Regeln als Basis für die Lösung der übrigen Probleme ersetzen“ 99Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt a. M. 1976, S. 186..

Eine Form von Vakuum-System bildet die Grundlage von de Terzis‘ Entwurf. Dies soll das Fliegen durch Differenzialdruck ermöglichen. De Terzi stellt eine Ballontheorie auf, die davon ausgeht, dass ein innerhalb der Kugel produziertes Vakuum das Schiff leichter als die es umgebende Luft machen würde. Das gesamte Luftgerät würde dann von der externen Luft getragen werden. Das Vakuum soll zudem auch die vertikale Bewegung kontrollieren, indem Luft für das Abheben aus dem System herausgepumpt oder umgekehrt für den Landevorgang Luft in das System hineingeleitet wird.

I contend that this vessel will weigh less than the air contained therein. If the letter be exhausted, the vessel, being lighter than its equivalent volume of air, will necessarily rise of itself and float in the air. To demonstrate this I will make use of the infallible rule of Archimedes for measuring a sphere. 1010Terzi 1910, S. 19.

De Terzi kommt durch sein Gedankenexperiment zu dem Schluss, dass vier Kupferkugeln mit einem jeweiligen Durchmesser von 7,5 Metern und mit einem Einzelgewicht von circa 170–180 kg einen Differenzialdruck von 1160 kg erzeugen könnten. Nach seiner Annahme mehr als genug, damit das gesamte Vakuum-System des Schiffs abheben könnte. Es ist an diesem Punkt wichtig zu betonen, dass erst durch die Analyse von beiden medialen Verfahren, also der Zeichnung und dem schriftlichen Material, Entscheidungen für den Fortgang des Projekts getroffen werden. Dadurch wird diese Analyse „[…] nicht nur für ein konkretes Projekt, sondern auch für den neuen Entwurf der gängig verwendeten Verfahren verfügbar“. 1111Hauser 2013, S. 365.

Um das ganze Potential des Prototyps begreifen zu können, muss sich das kollaterale Wissen zu Eigen gemacht werden. Mit diesem Ausdruck ist die typische Wissensaneignung gemeint, die für die Konzeption und die Ausführung eines Entwurfs notwendig ist. Im Fall von de Terzi ist es beispielsweise erforderlich, dass das bereits erlangte Wissen in der Praxis umgesetzt wird. Konkret handelt es sich dabei um die Experimente bezüglich des Luftdrucks von Blaise Pascal mit seinem Quecksilber-Manometer, die Fragestellungen und Experimente von Evangelista Torricelli, die zur Entdeckung des Barometers führten sowie die Versuche von Otto von Guerricke, welche die ernsthafte Erforschung des Vakuums zur Folge hatten. An dieser Stelle wird deutlich, dass der Lana de Terzi-Prototyp diese Kenntnisse grundlegend erfordert, um zu weiteren Entwurfsphasen zu gelangen. Ebenso verhält es sich mit den praktischen Fähigkeiten, wie den notwendigen Segelkenntnissen mit gewöhnlichen Segelschiffen inklusive der erforderlichen Navigationserfahrung zur Steuerung des Luftgeräts. Konkret schließt der Entwurf de Terzis das Konzept der dreidimensionalen Navigation ein (wobei die horizontale Steuerung durch Segel und Ruder und die senkrechte Bewegung durch das Vakuum-System durchzuführen wäre). All diese Kenntnisse sind erforderlich, damit, erstens: eine optimierte Modellierung des Vorhabens erzeugt und in weiteren Phasen des Entwurfsverfahrens dieses Projekts verkörpert werden kann und zweitens: der (zu bauende) erste funktionale Prototyp des Schiffs in späteren Entwurfsphasen sicher gesteuert wird. Lana de Terzi behauptet:

I will therefore start by first making certain suppositions from which I will deduce the practical method of constructing the vessel, which if it does not serve as did that one of Argus to be placed amongst the stars, yet will at least ascend upwards to them by its own efforts. 1212Terzi 1910, S. 12.

Diese spezielle Form des Projizierens erfordert, dass der in der Imagination konzipierte Entwurf durch sukzessive mediale Verfahren überprüft wird. Die Möglichkeiten der realen Ausführung eines Entwurfs werden somit „[…] im Prozess des Entwerfens in Teilen ausgeschieden und abgewiesen, um die strukturelle Korrektheit einiger Teile dieses Entwurfs zu überprüfen, zu korrigieren oder zu Gunsten eines anderen, verbesserten Modells zu verwerfen, während eine komplexe Möglichkeit bis zur Realisierung konkretisiert wird.“ 1313Hauser 2013, S. 365. Entsprechende Möglichkeiten werden dann überprüft. Die Bedeutung einer Möglichkeit ist ähnlich wie die einer Hypothese, sie besteht in der Erfüllung ihres Zweckes, eine Lücke zu schließen oder ein Problem zu lösen. Zu der Funktion der Hypothese summieren sich zwei weitere Forschungsphasen, die für ihre Validierung wichtig sind. Denn der nächste Schritt besteht darin, die angenommenen praktischen Wirkungen, die deduktiv aus der Haupthypothese hervorgehen, experimentell zu testen. Die deduktive Erwartung wird mit den Ergebnissen der Tests kontrastiert. Angesichts der daraus resultierenden Ergebnisse wird in der Folge die Haupthypothese entweder sofort akzeptiert, teilweise korrigiert, oder, falls die Experimente zeigen, dass die deduzierten praktischen Wirkungen im Experiment nicht auftreten, verworfen. Letzteres öffnet den Raum für eine neue Hypothese. Das Luftschiff-Vorhaben erwies sich als impraktikabel, wie Gottfried Wilhelm Leibniz 1710, also 40 Jahre nach der Ersterscheinung von de Terzis Buch, mathematisch bewies.

Wieso aber gilt dann de Terzis Entwurf bis heute als ein Pionierprojekt der modernen Luftfahrt? Um diese Frage zu beantworten, muss man den ganzen Entwurfsprozess des Luftschiffes nicht buchstäblich als ein neues Konzept beschauen, sondern die Form des Denkens und des Verfahrens, die das Konzept beinhaltet, untersuchen. Aus diesem Blickwinkel werden bestimmte Relationen deutlich, die die Betrachtungs-, Denk- und Herangehensweisen zukünftiger Entwurfsprozesse und Experimente veränderten. Das Konzept hinter de Terzis Luftschiff-Projekt, so die These dieses Artikels, führte zu einem intellektuellen Entwerfen und in Folge zu einem logischen Plan, der in sich die Grundlage für die Ausbildung und Durchsetzung neuer Denkvorgänge einschloss.

Denn „[…] statt von Artikulationen abgeschlossener Entwürfe in Visualisierungen und Entwurfsmodellen oder von der Betrachtung und Kritik realisierter Projekte auszugehen“ 1414Ebd., S.366, wie am Beispiel des Luftschiffes, das nie fliegen könnte, „[…] tritt die Frage nach den Prozessen in den Vordergrund, in denen Entwürfe erzeugt werden“. 1515Ebd. Das wichtigste aber, was von solch einem Entwurfsverfahren ausgelöst wird, ist die Tatsache, dass spezielle Gedankenexperimente (wie das Konzept des Luftschiffes) erforderlich sind, um Erfindungen überhaupt erst umzusetzen. Es scheint so zu sein, dass der Entwurf nicht nur einen gedanklichen „[…] Standort des Blicks und der Repräsentation bildet, sondern einen Standpunkt beansprucht, von dem aus die Dinge anders gedacht und in eine neue Ordnung gebracht werden können“ 1616Susanne Hauser, Daniel Gethmann: „Einleitung“, in: diess. (Hg.): Kulturtechnik Entwerfen. Praktiken, Konzepte und Medien in Architektur und Design Science, Bielefeld 2009, S. 9-15, hier: S. 10. . Diese Entwurfsart erfordert eine spezielle und holistische Art of looking at things mentally. Dieses geistige Sehen „[…] führt nicht nur zu unterschiedlichen Darstellungen, sondern zu grundlegend unterschiedlichen Entwurfsverfahren und -ergebnissen.“ 1717Ebd.

Im Kontext des Entwurfsprozesses nimmt das Provisorische die Form von Skizzen, Konzepten und Modellen ein, wobei es am wichtigsten scheint, gewährleisten zu können, dass diese Skizzen, Konzepte und Modelle Relationen zum Entwurfsverfahren aufzeigen und einen bestimmten Charakter als ‚zukünftig zu bewerkstelligend‘, also als esse in futuro beibehalten. Das Provisorische nimmt weiterhin die Rolle des Vermittlers innerhalb des Entwurfsverfahrens ein, wie es am Beispiel des Luftschiffs veranschaulicht worden ist und trägt folglich dazu bei, dass die neu entdeckten, bzw. die neu wahrgenommenen Relationen und Charaktere, an die später daraus zu entwerfenden Phasen des Projizierens vermittelt und übertragen werden. Oder anders formuliert: Die späteren Phasen eines Projekts, die auf Grundlage der vorhergehenden Entwicklungen entstehen, erhalten die notwendigen Daten aus früheren Stadien des Entwurfsprozesses vermittels des Provisoriums.

    Fußnoten

  • 1Vgl. Susanne Hauser: „Verfahren des Überschreitens. Entwerfen als Kulturtechnik“, in: Sabine Amon, Eva Maria Froschauer (Hg.): Wissenschaft Entwerfen, München 2013, S. 363-384, hier: S. 366.
  • 2Francesco Lana de Terzi: Prodromo overo saggio di alcune inventioni nuove premesso all’arte maestra, Brescia, Rizzardi, 1670, S. 52-61. Es handelt sich um das sechste Kapitel, das mit einem prägnanten Untertitel gekennzeichnet ist, der sich wie folgt übersetzen lässt: Ein Schiff herstellen, das durch die Luft getragen wird und sich mittels Ruder und Segel bewegt, und sich dadurch flugtauglich in der Praxis zeigt. Dieses Kapitel wurde 1910 von The Aeronautical Society of Great Britain separat neu aufgelegt, vgl. Francesco Lana Terzi: The Aerial Ship. Übers. u. hg. v. Thomas O’Brien Hubbard u. John Henry Ledeboer, o.O. 1910.
  • 3Vgl. Daniel Hornuff: Denken Designen. Zur Inszenierung der Theorie, München, 2014, S. 33-34; Wolfgang Kemp: „Disegno. Beiträge zur Geschichte des Begriffs zwischen 1547 und 1607“, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft (1974), Band 19, S. 219-240, hier S. 228-229.
  • 4Hornuff 2014, S. 34
  • 5Vgl. René Descartes: The Philosophical Works of Descartes. E. Haldane und G.R.T Ross (Hg.), in 2 Bänden, Cambridge 1979, S. 149: „Archimedes, in order that he might draw the terrestrial globe out of its place, and transport it elsewhere, demands only that one point should be fixed and immovable; in the same way I shall have the right to conceive high hopes if I am happy enough to discover one thing which is certain and indubitable”.
  • 6Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Band 1, Darmstadt 1994, S. 1-2.
  • 7Terzi 1910, S. 12.
  • 8Hauser 2013, S. 365.
  • 9Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt a. M. 1976, S. 186.
  • 10Terzi 1910, S. 19.
  • 11Hauser 2013, S. 365.
  • 12Terzi 1910, S. 12.
  • 13Hauser 2013, S. 365.
  • 14Ebd., S.366
  • 15Ebd.
  • 16Susanne Hauser, Daniel Gethmann: „Einleitung“, in: diess. (Hg.): Kulturtechnik Entwerfen. Praktiken, Konzepte und Medien in Architektur und Design Science, Bielefeld 2009, S. 9-15, hier: S. 10.
  • 17Ebd.
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